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Beitrag vom 30.04.2006
Irans StudentInnen protestieren gegen Atompolitik
Sarah Ross
Wegen des Atomprogramms werfen VertreterInnen von 6 oppositionellen StudentInnenverbänden in ungewohnter Offenheit der Staatsführung vor, einen Krieg mit den USA zu riskieren.
Nicht nur die internationale Staatengemeinschaft glaubt nicht daran, dass Teheran mit seinem Atomprogramm friedliche Zwecke verfolgt, auch die iranischen StudentInnen bezweifeln dies sehr. Daher haben sie sich in einem offenen Brief klar und deutlich gegen die Atompolitik ihres Präsidenten Mahmud Ahmadinejad gewandt. Darin kritisieren sie, dass die iranische Regierung plane, ihr Atomprogramm auf Kosten der Bevölkerung durchzuführen, da sie derzeit einen Krieg mit den USA provoziere.
Aufgrund seines umstrittenen Atomprogramms ist der Iran schon vor Wochen ins Visier der USA und der internationalen Staatengemeinschaft geraten.
Da die iranische Regierung bisher nicht glaubhaft machen konnte,
dass sie die Atomenergie ausschließlich zu friedlichen Zwecken nutzen werde,
ist selbst ein militärisches Vorgehen im Iran von Seiten der USA
langfristig nicht auszuschließen.
Diese Befürchtungen verhärten sich, da der Iran heute, nur wenige Stunden vor der Veröffentlichung des Berichts der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), dem UN-Sicherheitsrat jegliche Zuständigkeit im Atomstreit abgesprochen und angekündigt hat, dass er gegen die zu erwartenden Sanktionen verstoßen werde: "Wenn der Sicherheitsrat Entscheidungen trifft, die nicht in seiner Kompetenz liegen, fühlt sich der Iran nicht verpflichtet, sich daran zu halten", so der Botschafter Dschawad Sarif.
Am 29. März 2006 hatte der Sicherheitsrat in einer unverbindlichen Erklärung die iranische Regierung aufgefordert, die Urananreicherung einzustellen, um wieder mehr Vertrauen zu erzeugen. Das Ultimatum läuft jedoch (28.04.06) heute aus. Da der Iran sich weder an diese Forderung hielt noch das Angebot Russlands, die Anreicherung von Uran auf russischem Gebiet zu ermöglichen, annahm, fordern Frankreich, die USA und Großbritannien nun eine Resolution des Sicherheitsrates, die Sanktionen gegen den Iran vorsieht.
Während zahlreiche iranische BürgerInnen trotz allem das generelle Recht des Irans auf friedliche Nutzung der Atomenergie unterstützen, sind sowohl die internationale Gemeinschaft als auch die iranischen StudentInnen sehr darüber besorgt, dass der Iran unter der Hand doch an Atomwaffen arbeitet. In einem offenen Brief haben sich daher Anfang April mehrere VertreterInnen oppositioneller StudentInnenvereinigungen öffentlich gegen die Atompolitik ihres Präsidenten ausgesprochen. Neben der Verletzung der demokratischen Grundrechte des iranischen Volkes klagen sie zudem an, dass Ahmadinejad aufgrund des Atomstreits einen Krieg mit den USA riskiere, auch wenn andere iranische Oppositionelle einen militärischen Kriegseinsatz derzeit für weniger wahrscheinlich halten. Einzelne lokale und punktuelle Bombardierung werden jedoch nicht vollkommen ausgeschlossen, so
Ebrahim Yazdi, der ehemaliger Außenminister und Generalsekretär der Oppositionspartei "Freiheitsbewegung Iran":
Weiterhin prangern die StudentInnen in ihrem Brief an, dass in den vergangenen 30 Jahren zweistellige Milliardenbeträge in dieses undurchsichtige Atomprogramm geflossen seien, wo doch ein Großteil der iranischen Bevölkerung mit mangelnder Bildung, Armut, Arbeitslosigkeit und einer unzureichenden Gesundheitsversorgung zu kämpfen habe. Dieses Programm stehe bei weitem nicht im Interesse der Bevölkerung, sondern nur im Interesse des Militärs. Ihrem Präsidenten werfen sie weiterhin vor, dass er die Folgeschäden für sein Volk im Falle eines wirtschaftlichen Boykotts bis hin zu Militärschlägen nicht berücksichtige.
Allein die Tatsache, dass ein Teil der iranischen Bevölkerung, die mit der "Kluft zwischen den Forderungen des Staates und den Forderungen der Bevölkerung konfrontiert" ist, auf diesem Weg Flagge gezeigt hat, verdient unseren vollsten Respekt. Doch haben die VerfasserInnen dieses Briefes nicht nur Kritik gegenüber ihrer Regierung geäußert, sonder auch klare Forderungen gestellt:
Mit der Übergabe der Macht zurück ans Volk forderten sie von der iranischen Regierung einen demokratischen Rechtsstaat,
da nur dieser aus der gegenwärtigen Krise herausführen kann.
Weitere Informationen finden Sie unter:
http://qantara.de/
http://de.today.reuters.com/
http://www.netzeitung.de/ausland/395075.html
(Quellen: Reuters, Netzeitung)